Ausstellung im Cultimo: Erhard Dill kombiniert Haiku-Lyrik mit Makroaufnahmen von Natur-Motive
Kuhstedtermoor. “Gleich einem Stein, der ins Wasser fällt.” So möchte Erhard Dill mit seinen Dreizeilern aus der Haiku-Lyrik anregen um die Vieldeutigkeit von Worten nachzuspüren und individuelle Bilder zu kreieren. Diese “bewegte Stille” begleitet die Ausstellung, die Dill seit Sonntag im Cultimo in Kuhstedtermoor zeigt. 15 Gäste nahmen an der Eröffnung teil.
Dill hatte ins Schwarze getroffen mit seinen Worten, die er mit Makroaufnahmen aus der Natur unterstreicht. Seine Kunst können die Haikus, aber auch die Fotografien sein. Die Reihenfolge ist beliebig. Dill: “In der Regel habe ich zuerst den Dreizeiler im Kopf. Manch einen sogar 20 Jahre lang, bevor ich ein Bild dazu finde.” Die Suche nach einem Bild klappe nämlich meistens nicht. “Das Motiv findet mich. Das ist auch eine japanische Philosophie, die dahinter steckt.” Kati Kröger, stellvertretende Vorsitzende des Vereins Cultimo, hielt die Laudatio. Kröger selbst hatte mit zwölf Jahren einen ersten Kontakt zu Haikus. Sie forderte die Gäste auf, sich selbst einmal an einem Haiku zu versuchen: “Aber Vorsicht. Sie können süchtig machen.” Laut Dill ist ein Haiku die kürzeste Lyrik-Form. Ein Haiku besteht aus drei Zeilen und hat 17 Silben – idealerweise aufgeteilt auf jeweils fünf Silben in der ersten und dritten Zeile und sieben Silben dazwischen.
Ein Beispiel: Durch Leere fließend – füllt das Wasser den Brunnen – Leere schenkt Fülle. Dieses Haiku hatte es der Ausstellungsbesucherin Inge Reers aus Lilienthal besonders angetan: “Insbesondere der letzte Satz, Leere schenkt Fülle. Ich muss die Leere aushalten, weil sie Fülle schenkt. Das passt total.” Ebenso gut gefiel Reers das Foto eines Herbstblattes im Wandel: “Die Schönheit des Blattes, da geht einem das Herz über. Die Farbenpracht fasziniert mich.” Die Lilienthalerin war voll des Lobes für Dill: “Einen Text so auf den Punkt zu bringen finde ich total schön.” “Mein erster Eindruck: Beeindruckend”, fasste Frauke Willers die Ausstellung zusammen. Sie schwärmte: “Durch die Natur zu gehen und Dinge zu sehen und diese mit den Texten zu koppeln – das ist der Grund, warum ich hier bin.” Anne Toben gefiel, dass Dill es schaffe, das Gewaltige des Himmels in einem kleinen Gänseblümchen abzubilden: “Das ist so passend für die Philosophie der Japaner, nach der Lehre des Konfuzius sich selber für die Gemeinschaft zurückzustellen.” Die Bilder Dills sind analoger Herkunft, als Dia fotografiert. Mit Absicht. Dill: “Das Spannendste ist die Zeit zu warten, ob die Fotos was geworden sind. Der Wert eines Bildes und die Beziehung dazu ist eine ganz andere, als wenn man digital fotografiert, viel intensiver.”
Dill macht höchstens drei Bilder, eher weniger, und er verzichtet auf Stativ und Blitzlicht. Der Künstler: “Das gibt dem Bild Flair, es ist keine perfekte Vollkommenheit. Bei digitalen Bildern fehlt mir ein Stück der Unvollkommenheit und damit die Natürlichkeit.” Zu der Entstehung der Haikus erklärte Dill: “Meist ist es ein Gedankenblitz, ein Schnappschuss der sich verdichtet. Ich versuche mit wenigen Worten etwas zu verdichten, der Zeitgeist ist ja ein anderer. Viel reden, häufig mit Worthülsen arbeiten. Manche Haikus in meinem Kopf sind älter als meine Spiegelreflexkamera.” Die Ausstellung von Erhard Dill bleibt bis Ostern im Cultimo, Informationen gibt es unter www.cultimo-kuhstedtermoor.de.
P.S.: Aufforderung von Kati Kröger gelungen. 🙂 Hier mein erster Haiku:
Erst wenn etwas fehlt
wirst du den Wert erkennen
Ferne schafft Nähe
Vermerk:
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