Vom Wahn der Schönheit

Landfrauenverein Steden hört Vortrag “Nur Engel dürfen dick sein”
Oldendorf. Zum ersten Frauenfrühstück in diesem Jahr hatte der Landfrauenverein Steden und Umgebung die Referentin Antje Balters eingeladen. Ihr Thema lautete “Von Schönheitswahn und Schönheit – Nur Engel dürfen dick sein”; es ist ihrem gleichnamigen Buch entnommen. Als Ziel nahm sich die Bremer Autorin vor, dass alle 40 Damen im Gasthaus “Schnackenberg” in Oldendorf am Ende des Vortrags häufiger sagen: “Ich sehe total gut aus.” Sie wolle den Frauen mehr Selbstbewusstsein einhauchen.

Balters wusste, dass vor mehr als 100 Jahren noch alles anders war: “An den Frauen war noch was dran. Eine wohlgenährte Frau war ein Erfolgsbeweis des Mannes.” Rundlich, sinnlich, fruchtbar hatte eine Frau auszusehen. Im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts kam der radikale Wandel, eine dünne Frau galt plötzlich als flott und modern. Balters: “Früher betrachtete man das Gesamtkunstwerk, heute nur noch den unbekleideten Körper. Darum sind auch Tattoos und Piercings so angesagt.” Heute orientiere man sich an Frauen, die es gar nicht gebe; alle Bilder seien digital verändert. Lange Beine, schmale Hüften und ein sichtbarer Busen seien in. Laut Balters liegt es daran, dass in der Schönheitsbranche homosexuelle Männer den Ton angäben; die hätten ein anderes Schönheitsideal. Den Body-Mass-Index nannte die Referentin eine diffamierende Einheit, weil eine Frau über 40 dessen Werte nicht mehr erreichen könne. Dabei sei ein radikale Diät die sicherste Art, um zuzunehmen.

Wem also nutzen die Schönheitsideale? Für Balters ist die Sache klar: “Die Schönheitschirurgie hat ihre Gewinne in sechs Jahren versechsfacht. Wir essen Light-Produkte und werden dicker; wir fangen an zu rauchen oder Sport zu treiben, um nicht zuzunehmen. Ganze Industriezweige profitieren davon nicht schlecht.” Die Poster der Unterwäschemodelle schadeten dabei dem Selbstwertgefühl und führten zu der Annahme: “Ich habe eine Problemfigur”. Dabei gebe es drei Milliarden Frauen, die nicht so aussähen wie Supermodels.

Viel zu hart zu sich selbst Frauen sehen sich selbst anders als andere Frauen. Laut Balters ist bei der Eigenwahrnehmung eine andere Gehirnregion als bei der Fremdbetrachtung aktiv. Problem: Die Ablehnung des Körpers wirkt auf den Charakter und umgekehrt. Dabei liege die Schönheit im Auge des Betrachters. Balters: “Mit sich geht man viel zu hart um.” Ein Postkartenspruch illustrierte die Nutzlosigkeit allen Bemühens: “Was wäre eine Welt ohne Männer? – Ein Haufen glücklicher dicker Frauen.” Balters hat ihre Lösung im Glauben gefunden: “Gott brauche ich nicht zu bezirzen. Da bekomme ich uneingeschränkt ein Ja. Ich bin einverstanden mit mir und kenne meine Speckfalten.” Ab und zu tappe sie noch in die Falle, anderen gefallen zu wollen und manchmal tue es auch weh. Balters trotzig: “Ich bin keine Gerte und werde auch keine. Hat jemand ein Problem damit? Ich nicht.”

Die Vorsitzende Carmen Ehlers-Franke hatte verstanden und meinte zum Abschluss: “Ich finde euch alle gut und mich auch.” Den nächsten Vortrag für die Stedener Landfrauen gibt es am 28. April. Dann referiert Marion Bruchheiser: “Was stört und fördert die Beziehung zueinander.”


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