Rolf C. Franck gibt Tipps zum Umgang mit der “Silvesterangst” bei Haustieren
Silvester wird meist mit Knallern und Raketen gefeiert. Das ist nicht unbedingt ein Fest der Sinne, schon gar nicht bei vielen Haustieren. Hunde beispielsweise zeigen sich zu Silvester oft verunsichert, daraus kann im Laufe der Jahre eine Angst entstehen, die sich sogar bis zur regelrechten Panik steigern kann. Andreas Hanuschek hat mit Rolf C. Franck gesprochen, der gemeinsam mit seiner Frau Madeleine Franck eine Partnerschule für Hund und Mensch in Wulsbüttel leitet.
Frage: Es gibt Hunde, die Angst vor den Feierlichkeiten zu Silvester haben. Wie groß ist das Problem, über das wir heute reden, wirklich?
Rolf C. Franck: Rund 40 Prozent aller Hunde sind betroffen, und etwa 20 Prozent haben sogar große Probleme. Das ist aber eine grobe Schätzung, es gibt da keine gesicherte Statistik.
Was ist denn genau das Problem – der Schreck, der Geruch oder die Lautstärke?
Die Geräusche verursachen die Angst. Beim ersten Geräusch denkt der Hund ‚oh Gott’, duckt sich vielleicht weg, aber die Geräusche werden immer mehr. Hunden, die hier eine Angst entwickeln, ist es auch nicht mehr wichtig, was da knallt. Auch Raketen verursachen diese Ängste, da sie bei den Geräuschen mit dabei waren.
Besteht diese Angst von Geburt an oder entwickelt sie sich langsam?
Es gibt eine angeborene Tendenz zum Angstverhalten. Die ersten acht Lebenswochen sind die beste Vorbereitungszeit zur Vorbeugung solch einer Angst. Da wird mit Reizen und Erlebnissen gearbeitet. Der Züchter ist gefragt, um Erfahrungen mit Geräuschen zu machen. Die Silvesterangst ist eine große Gefahr für Hunde, die genetisch dazu neigen. Oft betroffen sind Hunde, die gezüchtet werden, um auf leise Geräusche zu reagieren, wie die Hütehunde. Das Problem dabei ist, dass sie ein gutes Gehör haben und schnell lernen, eben auch das Negative – die Angst. Bei Border Collies ist beispielsweise die Angst oft verbreitet.
Immer wieder hört man, dass man erste Anzeichen einer Silvesterangst ignorieren soll. Was meinen sie dazu?
Das ist absoluter Unsinn. Den Hund zu ignorieren ist der größte Fehler, den man machen kann. Die Beziehung Hund – Mensch ist ähnlich der von Eltern mit ihrem Kind. Der Hund darf auf den Arm genommen werden. Drücken und trösten hilft, das macht man doch auch mit einem weinenden Kind. Ignorieren verunsichert den Hund, er möchte doch so gern zu Frauchen oder Herrchen und sich in Sicherheit bringen. Wenn das nicht funktioniert, steigert sich die Angst. Man sollte aber dem Hund vermitteln, dass man selber keine Angst hat. Das kann man zur Not auch vorspielen, der Hund merkt es nicht unbedingt.
Wie drückt sich die Angst aus und woran erkenne ich, dass mein Hund Angst hat?
Das ist sehr individuell. Ein Hund, der Angst hat, entwickelt Strategien, will beispielsweise weglaufen. Daher sollte man seinen Hund auch nur an der Leine ausführen, denn diese eigene Strategie des Hundes verschlimmert die Angst.
Was hilft, wie mache ich meinen Hund stark für das kommende Fest?
Man muss rausfinden, was hilft, das ist sehr verschieden. Der eine verkriecht sich hinters Sofa. Also sollte man dort seinen Platz einrichten. Dieses zu trainieren kann helfen – das Verstecken als Strategie zu fördern. Gar nicht so selten ist der Sprung unter die Bettdecke. Geschätzte 33 Prozent aller Hunde schlafen mit im Bett, die Dunkelziffer liegt übrigens bei 66 Prozent, nur will das keiner zugeben. Hilfreich kann auch eine Geräusche-CD zum Gewöhnen sein. Belohnen ist wichtig. Man kann Geräusche mit positiven Erlebnissen verknüpfen, das ist eine gute Vorbeugung.
Im Kleinen kann ich als Herrchen also gut helfen, was ist bei großen Problemen?
Die Intensität ist sehr individuell, der Grad der Angsterregung muss eingeschätzt werden. Es gibt Hunde, da helfen nur Medikamente, der Hund braucht rechtzeitig Beruhigungsmittel. Dieser Weg ist allerdings immer mit dem Tierarzt gemeinsam zu gehen, denn es gibt auch Mittel, die den Hund lähmen, und dann ist er ein Gefangener der eigenen Panik.
Zusammengefasst. Was ist wichtig?
Man sollte aufpassen, dass nicht gerade beim ersten Silvester ein Knaller vor die Pfoten fällt. Die Angst, die dadurch kreiert wird, ist schwerer als eine Angst, die sich entwickelt. Oft hilft es auch, mit dem Hund zu spielen, wenn die ersten Knaller fliegen, oder die Situation zu verändern. Zum Beispiel den Hund ins Auto zu setzen und loszufahren, Urlaub zum Jahreswechsel oder eine Feier im Keller. Die Fensterläden runterlassen, um Geräusche zu dämmen, kann helfen. Manchmal hilft es auch, den Hund in gute Stimmung zu versetzen, viele Erlebnisse zu bieten oder viele Spiele in der Zeit zwischen den Jahren zu machen. Dann gleiten die Hunde nicht so weit ab. Unterstützende Maßnahmen können Halsbänder mit Wirkstoffen sein, allerdings sollte man das vorher ausprobieren. Die Ohrmuscheln zu kraulen ist dagegen immer ein gutes Rezept. Dort ist der Hund sehr empfindlich, das setzt Wohlfühlstoffe im Gehirn frei. Der Hund entspannt und kann Geräusche abdämmen.
Zur Person Hundetraining und -verhalten sind seit 20 Jahren das Metier von Rolf C. Franck. Zwei Ausbildungen hat der Fachmann dabei in England am COAPE-Institut, weltweit führend im Hundetraining und -verhalten, durchlaufen. Zusammen mit seiner Frau Madeleine Franck (Diplom-Psychologin) hat Rolf C. Franck überdies vier Fachbücher beim Cadmos-Verlag veröffentlicht. Kernpunkt ist hierbei, den Hund emotional zu verstehen und zu trainieren. Eines der Bücher beschäftigt sich mit den Ängsten der Vierbeiner und trägt den Titel: “Hab keine Angst mein Hund”.
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